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Minkowitsch der Stammkundenwinzer

Die Einschränkungen in der Gastronomie, im Tourismus und im globalen Weinhandel haben nicht unbeträchtliche Auswirkungen auf die heimische Weinbranche.

TEXT VON JOHANN WERFRING erschienen im Wiener Journal, Das Magazin der WIENER ZEITUNG (Mai 2020)

Vor sechs Jahren hat Martin Minkowitsch das Weingut seines Onkels Roland Minkowitsch in Mannersdorf an der March im südlichen Weinviertel übernommen. Die Verdienste des Oheims um die betriebliche Stabilität werden nach wie vor im Firmennamen gewürdigt. Die Weingärten befinden sich am idyllischen Rochusberg, an dessen Fuß sich Weinkeller und Presshaus befinden, wo bis heute mit einer 200 Jahre alten Baumpresse gekeltert wird.

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Alt sind auch die Strukturen, die im Weingut Roland Minkowitsch die Vermarktung bestimmen: Minkowitsch ist ein ausgesprochener Stammkundenwinzer, der die Konsumenten seiner Weine persönlich kennt und rund 95 Prozent seiner Gewächse im Wege der Direktvermarktung absetzt. Die Weinqualität ist solide und gut, die Preise sind durchwegs moderat. Das hervorragende Preis-Wert-Verhältnis ist möglich, weil die üblichen – nicht geringen – Nachlässe für Händler nicht vorhanden sind. Die Corona-Krise hat den Betrieb keineswegs erschüttert. Im März und April lagen die Umsätze sogar über jenen des Vorjahres.

Wie gewohnt, hat Martin Minkowitsch – vor allem in Wien – seine Hauszustellungen getätigt: „Die Zustellung funktionierte besser als je zuvor, weil alle zu Hause waren und die Übernahme wie am Schnürchen klappte“. Kontaktlose Übergabe erfolgte, indem der Winzer den Wein einfach vor der Tür abstellte oder in den Aufzug verfrachtete und diesen nach oben schickte. Zum Teil erfolgte auch Versand über den seit langem gut gepflegten Online-Shop.

Das Vermarktungsmodell, auf das Martin Minkowitsch schwört, war früher weithin üblich gewesen. Viele Weinbauern brachten ihre Weine nach Wien. In nicht wenigen Fällen hatte man auch eine enge und persönliche Bindung zu etlichen Wirte, die einen wesentlichen Teil der Tröpfchen absetzten. Vieles hat sich in den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten gewandelt. Einerseits gibt es viele Wirte in der alten Form nicht mehr, andererseits haben Gastro- nomen heute eine umfängliche Weinkarte, die meist von Händlern bedient wird – eine Fokussierung auf bestimmte Winzer gibt es längst nicht mehr.

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Mittlerweile sind viele Weinerzeuger darauf angewiesen, sich vielfältige Schienen des Absatzes zu erschließen. Zu einem erheblichen Teil ist auch der Weinhandel globalisiert, längst werden österreichische Weine in alle Welt ver- frachtet.

Gleich zu Beginn der Corona-Krise waren österreichische Winzer insofern betroffen, als sie sich auf wichtigen Messen nicht mehr präsentieren konnten. Die für heimische Erzeuger bedeutende ProWein in Düsseldorf, die für Mitte März anberaumt war, fiel aus. Mit der Folge, dass Storno von Flug und Hotel nicht geringe Kosten verursachten. Ausgefallen ist auch die Vinobile in Vorarlberg, und auch die für Geschäftsanbahnungen und Kundenpflege enorm wichtige „VieVinum“ in der Wiener Hofburg musste um ein Jahr verschoben werden.

Die Corona-Krise trifft die Branche in einer Phase, in der ohnedies das Problem besteht, dass viele Lager randvoll gefüllt sind. Der Absatz floriert nicht mehr in dem Maße wie in den 1990er und frühen 2000er-Jahren, als in der Branche noch Goldgräberstimmung herrschte. Zu viele Bewerber und Weine sind global auf dem Markt vertreten. Während findige heimische Erzeuger durch geschicktes Marketing gute Absätze im Export lukrieren konnten, gibt es bei anderen Überschüsse, deren Abtragung eine Herausforderung ist.

Das komplette Aussetzen von Tourismus und Gastronomie in den vergangenen Wochen und die Erwartung, dass diese Branchen auch in nächster Zeit nicht wie gewohnt florieren werden, hat bei vielen Weinmachern zu entsprechender Verunsicherung geführt. Die verstärkten Absätze über Online- Shops sind zwar ein Trostpflaster, können jedoch in so gut wie allen Fällen die üblichen Geschäfte bei weitem nicht kompensieren. Hinzu kommt, dass die Winzer unter Druck gekommen sind, die Preise zu reduzieren, weil seit Ausbruch der Krise allerorten, vor allem in Supermärkten, extreme Nachlässe auf Wein gewährt werden.

Die einzige Absatzschiene, die nach wie vor floriert, ist der Supermarkt, wo allerdings, wie erwähnt, ungewöhnliche Aktionen wie „2 + 1 gratis“ gewährt werden, was natürlich entsprechende Rückwirkungen auf die Winzer hat. Bei wei- tem nicht alle Weinmacher sind in Supermärkten vertreten. „Wein und Co“ hat kürzlich wieder geöffnet, man wird se- hen, wie sich dort die Umsätze entwickeln. Freilich ist das Einkaufen und Gustieren, mit Maske vor dem Gesicht, derzeit nicht in der entspannten Weise möglich, wie das in normalen Zeiten der Fall gewesen ist.

Martin & Blandine Beitragsbild Weinkeller

Der Export in andere Länder ist derzeit sehr eingeschränkt, zum Teil ist er zum Erliegen gekommen, weil auch im Ausland die Gastronomie brach liegt. US-amerikanische Händler, die zwar über Online-Vermarktung nennenswerte Mengen absetzen, forcieren derzeit die günstige Schiene. An einen Absatz von hohen Qualitäten ist dort im Moment überhaupt nicht zu denken.

Teile der Weinbranche können Hoffnung schöpfen, etwa Winzer mit Heurigenausschank im Freien, wo Ansteckung nicht in dem Maße zu erwarten ist wie in Innenräumen. Ob sich indes in den wiedergeöffneten Gastronomiebetrieben alsbald wieder ein geregeltes Gesellschaftsleben einstellen wird, ist fraglich. Wer im Restaurant sitzt und aus Sorge um seine Gesundheit versucht, so rasch wie möglich wieder nach Hause zu kommen, wird nicht in die entspannte Stimmung kommen, Weine in der Quantität zu konsumieren, wie das ehedem der Fall gewesen ist.

Befürchtungen wie diese peinigen manch einen Winzer, der sich ausmalt, wie es weitergehen soll. Auch der Umstand, dass die Arbeitslosenrate hoch ist, sorgt für Verunsicherung. „Womöglich fangen die Leute zuerst beim Wein zum Sparen an“, so die Aussage eines burgenländischen Winzers. Manche Erzeuger denken jetzt schon darüber nach, im kommenden Herbst die Weinbauflächen zu verkleinern und Pachtverträge aufzukündigen. Weitere Überschüsse zu pro- duzieren und dafür neue Fässer anzuschaffen, ist in Zeiten wie diesen nicht vorrangig. Ein Anwachsen der Überschüsse nach der kommenden Ernte ist zu erwarten, allerdings sollte der grandiose 2019er-Jahrgang ausgesprochen lagerfähig sein.
Fest steht, dass Weingüter, die betrieblich solide aufgestellt sind und Rücklagen gebildet haben – wenn auch im Einzelfall mit Blessuren – über die Runden kommen werden.

Gewiss ist auch, dass Österreich nach dem Ende dieser Krise nach wie vor ein Land mit hoher Weinkultur sein wird. Um der Branche auf die Sprünge zu helfen, ist derzeit jedenfalls verstärktes patriotisches Einkaufsverhalten auf Konsumentenseite gefragt.